Arbeitskreis Historie Kappel- Grafenhausen
Arbeitskreis HistorieKappel- Grafenhausen

St. Jakobus-Kirche Grafenhausen

Barocke Dorfkirchen in der Ortenau, von Dr. Kremer , FR, zur Verfg. gestellt
Barockkirchen der Ortenau 1.05.15.pdf
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Wußten Sie, dass in der Grafenhausener St. Jakobus-Kirche sich ein Chronogramm befindet?

 

Über dem großen Chorbogen, der das Kirchenschiff vom Altarraum abtrennt! Vor der Renovierung war alles weiß gestrichen und nicht mehr erkennbar. Herr Panowski hat es wieder farblich herausgeholt.

Wir lesen die lateinischen Worte:

 

TIBI UNITRIADI

SIT GLORIA LAUS

VIRTUSQUE IN SECULO

AMEN

 

Zu Deutsch:

DIR DREIEINIGKEIT

SEI EHRE, LOB

UND KRAFT IN EWIGKEIT

AMEN

 

Die 1.+2.  Zeile im lat. Text  ergibt (5x I,1xV, 1xD)              510

Die 3. Zeile (2x 1, 1x5, 2x 50)                                              107

Die 4. Zeile  (2x 1, 4x5, 1x50, 1x100)                                  172

Dir 5. Zeile   (1x M)                                                              1000

Die Fertigstellung der Kirche im Jahr                                 1789         

Damit ist belegt, dass die Kirche in zwei Jahren fertiggestellt wurde! Der Grundstein zeigt
die Jahreszahl 1787.

Wann immer man von der Autobahn oder von Westen, von Süden oder Norden sich Grafenhausen nähert, schon bald fällt einem der hohe schlanke Turm auf, der die Häuser des Ortes und die Landschaft überragt. Er ist stolze 64 m hoch!

 

 

Der kupfergedeckte Turmhelm sitzt auf einem Glockenstuhl mit großen Schallläden.

Der rote Sandstein und der weiße Verputz leuchten weit ins Land und die schmucke Turmuhr ist gut zu sehen.

Besonders schön und einladend ist das Hauptportal gestaltet: Eine reich geschmückte Eichenholztür mit 20 vergoldeten Beschlägen aus dem Jahr 1888, dazu ausladende Sandsteingewände, ein ebenso breiten Türsturz, über dem in einer Nische eine Immakulata-Marienfigur thront.

An den Ecken jeweils barocke Steinvasen.

Die Füllung zwischen  Tür und Türsturz ist in Schmiedeeisen ebenso festlich gestaltet.

Fünf geschwungene Stufen führen zu diesem festlichen Eingang der Kirche hinauf.

Da die Vorgängerkirche zu klein und baufällig geworden war, wurde 1787 ein Neubau aufgeführt, so prächtig, dass man sich fragt, wie das kleine Dorf das sich hat leisten können! Schließlich gab es keinen Fürsten oder sonstige einflußreiche Persönlichkeiten vor Ort, außer dem Pfarrer. Dieser war damals Pfarrer Peter von Wagner, mit dem Abt von Ettenheimmünster verwandt. Vielleicht hat diese Beziehung  mit den Ausschlag zu diesem Neubau gegeben..

Mit Beziehungen gelang auch damals manches wie von selbst. Vielleicht hat auch der Weg von der einstigen Benediktiner-Abtei  Ettenheimmünster zur Bischofsstadt Straßburg, der damals durch Grafenhausen und  Kappel über den Rhein führte, dazu geführt, dass Abt und/oder Bischof angeregt haben, in Grafenhausen ein neues Gotteshaus zu bauen.

Womöglich hat auch eine Rolle gespielt, dass 1769 die St. Bartholomäus-Kirche in Ettenheim neu gebaut wurde.  Dort waren Vorarlberger Barockbaumeister tätig, die später auch in Grafenhausen tätig wurden.

Näheres erfahren Sie, wenn Sie die pdf-Datei „Aus der Geschichte der St. Jakobuskirche“ öffnen.

Am 21. Februar 1945 wurde Grafenhausen durch Artilleriebeschuß an mehreren Stellen schwer getroffen. Auch die Kirche erhielt eine Anzahl Volltreffer.

Ein Brand auf dem Speicher des Langhauses konnte durch beherzte Männer noch gelöscht werden. Die entstandenen Schäden waren sehr groß.

1951 wurde mit der Wiederinstandsetzung begonnen.

„Fast jeder, der unsere beim Übergang vom Barock zum Klassizismus erbaute Kirche in Grafenhausen betritt, fühlt sich in ihr wohl.

Er erahnt etwas von der Grundbefindlichkeit des barocken Menschen: im erbauten Festsaal, wie die Fürsten in Versailles oder anderswo für sich ein Prunkgebäude errichteten, so bauten die Kirchenmänner für Gott einen Festsaal, der die Vorfreude auf das Himmlische Jerusalem wecken sollte.

Die Baumeister wollte etwas von der göttlichen Ordnung, der himmlischen Harmonie in den Bildern, Statuen und Verzierungen sichtbar machen.“

(nach Wolfgang Morath, Pfarrer von Grafenhausen von 1995 bis 2002)

Unter Pfarrer Johannes Hummel (1960-……?) wurde die Kirche innen den Erfordernissen der Liturgiereform entsprechend renoviert und manche Verbesserung erreicht. So wurde der alte Sandsteinbelag der Kirche herausgenommen und durch einen hellen Belag aus Juramarmor ersetzt. Die zu unbequemen Bänke wurden durch neue ersetzt, dabei aber die alten Wangen der Bänke gereinigt und erhalten. Die Beichtstühle wurden ebenfalls renoviert, sodass die alten Intarsienarbeiten wieder zur Geltung kamen. Gleichzeitig wurde die Empore und die beiden zu ihr führenden Treppen erneuert.

Ein neuer Altar und Ambo wurden angeschafft:

Der Freiburger Kunstschmiedemeister Erich Schwarz nannte sein Werk »Die Gemeinschaft der Kirchengemeinde«.

Die schwere Altarplatte aus elfenbeinfarbenem Kristallino ruht über einem Unterbau einzelner Bronzeelemente. Diese zahlreichen handgeschmiedeten Bronzeteile, einzeln kaum 30 cm hoch, bilden zusammen eine lebendige Einheit, die Kirchengemeinde darstellend, die den Tisch des Herrn trägt. In gleicher Wiese ist der in die Chorstufen eingebaute Ambo gestaltet.

1988/89 wurde unter Pfarrer Werner Pohl die gesamte Raumschale der Kirche innen erneuert. Die Kirche wurde total eingerüstet, sodass die Restauratoren vor allem die einmaligen Stuckbilder an der Decke reinigen und ausbessern konnten.    In unendlicher Kleinarbeit wurden Stuckrosen und Arkantusblätter geformt und ausgewechselt, wo diese schadhaft geworden waren oder fehlten.

Durch die große Spendenfreudigkeit der gesamten Bevölkerung von Grafenhausen, etlicher Gemeinschaften und Vereine, sowie durch Zuschüsse von Ordinariat, Denkmalamt  und Gemeinde wurde das Werk vollendet. Rechtzeitig zur 200-Jahrfeier, die am Kirchweihsonntag 1989 festlich begangen wurde, entstand eine wohl wie ursprünglich erstrahlende wunderschöne Kirche . Man stellte den gesamten Innenraum mit seiner ursprünglichen Schönheit, wie zur Zeit seiner Entstehung, wieder her.

Die großen Stuckbilder an der Decke

Über der Orgelempore sieht man das erste große Stuckbild. Es zeigt einen Kelch, aus dem heraus kreisförmig ein Seil gestaltet ist, darin eine Schlange, die sich in den Schwanz beißt.  Im Zentrum stehen vier hebräische Buchstaben JHWH (Jahwe), außen  ein Kranz von Engelsköpfen, Wolken und Strahlen.

Die Bedeutung ist: die Offenbarung des Gottesnamens Jahwe an Mose im Brennenden Dornbusch (Exodus 3,14). Die Wolke ist in der Bibel Zeichen für die Verborgenheit und die Offenbarung Gottes, die Ver- und die Enthüllung.                           Die Schlage, Symbol des Bösen, verliert ihre Macht, wenn sie sich selbst in den Schwanz beißt:                Die Überwindung des Bösen, Gott ist stärker!                 Als Mose am Horeb fragt, was soll ich dem Volk antworten, erhält er den Auftrag zu verkünden, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs wird Euch in die Freiheit führen!                                                                                                                        Und der Name dieses Gottes Jahwe bedeutet: „Ich bin der ich bin da!“

Wenn man die Menge an Material betrachtet, die für dieses Bild notwendig war, dann versteht man, dass da auch Teile sich lösen können. So geschehen im Jahr 1984!

Das zweite Stuckbild zeigt die Zeichen der Offenbarung des Bundes Gottes mit den Menschen am Sinai (Exodus 20, 2-17). Die 10 Gebote, die Mose am Gottesberg erhalten hat, symbolisiert durch die zwei Steintafeln mit den röm. Zahlen I-III und IV-X. (die zweite Tafel ist durch die erste verdeckt, man erkennt aber die Zahl IV)

„Ich bin Jahwe, dein Gott, der dich aus Ägypten geführt hat, aus dem Sklavenhaus.“ (Ex 20,2)

Und dann kommen zehn Sätze, die als Bedingungen für den Bund Gottes mit den Menschen gelesen werden wollen. Wenn Du an Jahwe glaubst, dann wirst Du keine anderen Götter verehren, den Mitmenschen nicht schaden usw.

Außer den zwei Steintafeln sind noch drei Zeichen zu sehen: das Kreuz, der Anker und das Herz. Symbole für Glaube, Hoffnung und Liebe.

 Alle diese Symbole sind verbunden mit einem goldenen Band, umgeben von Wolken und Engelsköpfen. Wie auch beim Ersten Stuckbild gehen große Strahlen vom Stuckbild in alle Richtungen.

Aber nicht nur das, jedes Stuckbild wird noch einmal mit einem großen Rahmen umgeben, der reich verzieht ist mit Arkantusblättern und Girlanden aus vergoldeten Stuckrosen.

Die großen Stuckbilder sind dann noch mit weiteren Rosengirlanden, Rocaillen, Zöpfen und Muscheln verbunden. Deshalb wird auch dieser aus dem Barock entstandene Stil des Rokoko „Zopf-Stil“ genannt.

Auf diesem Bild sieht man schon, wie reich die Decke gestaltet ist. Es sind nicht nur die großen mittig angebrachten Deckenbilder zu sehen, sondern auch,  wie die Stichkappen über den Fenstern gestaltet worden sind.

Jetzt aber erst noch das dritte große Stuckbild, das an der Decke  kurz vor dem Bogen zum Altarraum gestaltet ist.

Wieder geht es um die Offenbarung in der Bibel – nun sind wir schon im Neuen Bund:

Das Bild zeigt einen vergoldeten Kelch mit großer Hostie darüber, von dem goldene Strahlen ausgehen.  Dieser kommt aus einer großen Wolke heraus und ist mit vielen Engelsköpfen geschmückt. Das ganze ist wieder auf einem Berg dargestellt.

Der Künstler wollte die dritte wichtige Offenbarung Gottes darstellen:         Jesus, der am Kreuz für die Menschen gestorben ist, hat sein Vermächtnis im Abendmahlssaal den Jüngern ans Herz gelegt: „Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich gehandelt habe“. (Johannes-Evangelium 13,15) und „Ein neues Gebot gebe ich euch: Liebt einander! Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben.“ (Jo 13,34)

In der Eucharistiefeier feiern wir den Tod und die Auferstehung Jesu und erfüllen Jesu Auftrag: „Tut dies zu meinem Gedächtnis!“

Im Altarraum ist das letzte der großen Stuckbilder an der Decke.                              Es zeigt das Lamm und das Buch mit den sieben Siegeln: Symbol für den auferstandenen Herrn Jesus Christus.

Im letzten Buch des Neuen Testamentes, der Geheimen Offenbarung des Johannes ist zu lesen im Kapitel 5 „Das versiegelte Buch und das Lamm“: „Niemand im Himmel und auf der Erde und unter der Erde konnte das Buch öffnen“ (Vers 3). „Das Lamm trat heran und empfing das Buch aus der rechten Hand dessen, der auf dem Thron saß.“ (Vers 7) “Würdig bist du, das Buch zu nehmen und seine Siegel zu öffnen; denn du wurdest geschlachtet und hast mit deinem Blut Menschen für Gott erworben aus allen Stämmen und Sprachen, aus allen Nationen und Völkern…“ (Vers 9)

 

Somit hat die Grafenhausener St. Jakobus-Kirche ein theologisches Konzept erhalten, das in vier großen Stuckbildern die Offenbarung Gottes an den Menschen zum Ausdruck und zur Anschauung bringen will. Eine selten aktuelle Predigt, die man wohl nicht gleich wieder in einer solchen Prägnanz  finden wird.

Die Stichkappen über den Fenstern haben kleinere Bilder, Symbole, die im Altarraum auf das Amt des Bischofs und des Priesters hinweisen. Diese Symbole: Mitra, Stab, Kreuz, Bibel, Stola sind geschmückt mit Bändern und Girlanden. Ein feierlich gebundenes goldenes Band umschlingt diese Symbole. Außerdem ist jedem der kleinen Stichkappenbilder ein vergoldeter Mispelzweig zugegeben, deren Bedeutung zu entschlüsseln wäre.

Weitere Stichkappen im Altarraum zeigen Gegenstände und Dinge, die mit dem Altardienst in der hl. Messe zu tun haben: Weinranken mit einem Gerät, das wohl beim Trotten benutzt wurde, Ähren mit einer Sichel, die für Brot und Wein stehen, die Jesus beim Abendmahl gereicht hat.

Weiter sind Leuchter, Weihrauchfaß und Schiffchen sowie die Kännchen für Wein und Wasser zu sehen.

Die Stichkappen im Kirchenschiff enthalten allesamt sogenannte Leidenssymbole.

Jesus wurde mit der Dornenkrone, dem Purpurmantel verspottet. Ihm wurde Essig gereicht als ihn dürstete, gegeißelt und verspottet. Das Volk, das im Kirchenschiff seinen Platz hatte, sollte durch die Betrachtung des Leidens Christi für die Menschheit.im eigenen Leid getröstet werden

Die folgenden Bilder zeigen Ausschnitte, an denen man die Details der Stuck-Ornamentik betrachten kann.

Louis-seize (Louis XVI, Zopfstil), etwa 1760 bis 1790

In diesem Stil ist die Grafenhausener Kirche gestaltet – weit und breit die einzige!

Dieser Stil markiert den Übergang von den üppigen und verspielten Formen des Spätbarock hin zum Klassizismus (Empire).

Die Formen sind noch immer verspielt, aber es setzt ein Trend zur Einfachheit und Natürlichkeit ein, der durch das ländliche Leben inspiriert wurde.

Die auffälligen Vasen am Ende der Säulen sind sowohl innen als auch außen an der Fassade der Kirche zu sehen.

Wunderschön ist auch die Orgelbrüstung mit der Abbildung vieler, auch seltener Instrumente.

Aus der Geschichte der Pfarrkirche St. Jakobus des Älteren in Grafenhausen
Aus der Geschichte der Pfarrkirche St.pd[...]
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Bilder und Text stammen von

Werner Pohl, Ettenheim

Bitte um Anregungen und Kritik über die Adresse: pohl_werner@t-online.de

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