Kappel nach der Gemeindereform 1974
In Kappel wo wir leben , wo wir autofahren, wo wir einkaufen, wo wir Sport treiben ,wo wir Feste feiern, wo wir manchmal Spaß und manchmal auch Kummer haben ,da lebten vor mehr als tausend Jahren auch schon Menschen ,wie uns das Keltengrab , die Fridolinssage oder Funde von römischen Münzen belegen. Urkundlich nachgewiesen gab es eine richtige Siedlung aber erst im Jahr 1219 Bis ins Jahr 1974 wurde diese Siedlung in verschiedenen Schreibweisen mit den Namen Cappel,Cappelle an dem Rine,Capella,Capele oder auch Kappel am Rhein benannt , gehörte jahrhundertelang dem Bistum Straßburg und war ab 1803 dem neu gebildeten Land Baden zugeordnet. Im Jahr 1974 wurde dann im Geschichtsbuch von Kappel ein neues Kapitel aufgeschlagen. Im Zuge einer Gemeindereform sollten und mussten kleinere Gemeinden ihre Selbständigkeit aufgeben u. sich mit anderen Gemeinden zusammenschließen. Das Ziel war die Stärkung der Verwaltungskraft und der Leistungsfähigkeit kleinerer Gemeinden .Aus 3379 selbständigen Gemeinden in Baden-Württemberg sollten nur noch 1110 Gemeinden werden. Für Kappel mit knapp 2000 Einwohnern gab es mehrere Zielplanungen des Landes. Zuerst einmal sollte Kappel Zentralort einer Dreiergruppe mit Rust und Grafenhausen werden .Dies scheiterte am Widerstand von Rust. Ende 1972 stimmte eine Mehrheit der Kappler Bevölkerung dem nächsten angebotenen Vorschlag zu, als Ortsteil nach Ettenheim eingegliedert zu werden .Auch dieser Vorschlag wurde nochmals überarbeitet. Wieder ein 1 Jahr später plante man im Ministerium eine Einheitsgemeinde zusammen mit Grafenhausen als dem östlichen Nachbarn. Diesem neuen Plan stimmten im Januar 1974 mehr als 90% der Kappler Bürger zu .Interessant dabei war ,dass die Bürger von Grafenhausen als Partner nur mit hauchdünner Mehrheit von 7 Stimmen dieser vorgeschlagenen Lösung zustimmten. Aber es reichte um den zukünftigen Weg der beiden Gemeinden zu ebnen .Die Hauptschüler der beiden Nachbarorte waren schon einige Jahre früher in gemeinsamen Klassen unterrichtet worden und so zu unbeabsichtigten Vorreitern der neuen Einheitsgemeinde geworden. Interessant auch, dass in den Annalen der beiden Gemeinden nirgends in langen Jahrhunderten Hinweise von Grundstücksstreitigkeiten zwischen Kappel und Grafenhausen zu finden waren wie es sonst bei Nachbargemeinden fast überall üblich war. In den geschichtlichen Unterlagen sind sogar mehrere gemeinsame Unternehmungen registriert. So wurde schon 1592 zwischen den beiden Schultheißen vereinbart gegen das drohende Hochwasser gemeinsame Wasserabzugsgräben anzulegen. Im Jahre 1618 zu Beginn des dreißigjährigen Kriegs mussten Männer aus Kappel und Grafenhausen gemeinsam ein Fähnlein bilden , was ein früherer Name für eine Art Kompanie als Einheit im Militärwesen bedeutete. Es war zum Kampf gegen Andersgläubige eingesetzt. Aus dem Jahr 1779 erfahren wir von gemeinsamen Prozessionen am Bittsonntag ( 5.Sonntag nach Ostern) von einer Kirche zur anderen und wieder zurück..Bei der badischen Revolution 1848 waren Ratschreiber Richter aus Kappel und Engelwirt Winkler aus Grafenhausen an vorderer Front gemeinsame Rädelsführer als ein Attentat auf die herrschaftlich angeordnete neue Bahnlinie in Orschweier geplant und durchgeführt wurde.
Das Land Baden-Württemberg gab nun 1974 für das Zustandekommen der Gemeindefusion pro Einwohner eine Prämie von 75 DM. In einem Fusionsvertrag wurde festgelegt ,dass bis zu einem geplanten Bau eines neuen Gemeindezentrums zwischen den beiden Ortsteilen die Verwaltung ihren Sitz in Kappel nehmen solle und Grafenhausen eine Nebenstelle erhalte. Beinahe wäre die Fusion kurz vor dem Stichtag 1.Juli 1974 noch daran gescheitert ,dass kein gemeinsamer Name gefunden wurde. Man einigte sich dann auf den Doppelnamen Kappel-Grafenhausen . der aber zuerst vom Regierungspräsidium . abgelehnt wurde da er zu lang sei. Die übergeordnete Behörde stimmte erst zu als absehbar war ,dass die Fusion sonst scheitern würde . Nach der Fusion leitete der Kappler Gemeinderat Günter Benz bis zur Bürgermeisterwahl im September als Amtsverweser die Rathausgeschäfte .Zu den ersten Tagesordnungspunkten des gemeinsamen Gemeinderats gehörte die Umbenennung von Straßennamen die es in beiden Ortsteilen - also doppelt - gegeben hatte.. Per Los wurde entschieden dass die Kirchstraße In Kappel nun Rathausstraße und die Eisenbahnstraße in Grafenhausen nun Sportplatzstraße heißen solle.In den ersten Sitzungen wurde immer wieder betont,dass nun viele Aufgaben gemeinsam zu lösen sind dass aber das Eigenleben der neuen Ortsteile und früheren Gemeinden erhalten werden müsse.Oberstes Prinzip solle es auch sein die beiden Ortsteile gleich zu behandeln. So gibt es beispielsweise bis heute in der Gemeinde noch 2 Sportvereine , 2 Musikkapellen 2 Narrenzünfte , 2 Schulen und andere langjährige Gruppierungen. Auch der Gemeinderat ist mit je 7 ( am Anfang je 9 ) Mitgliedern aus jedem Ortsteil weiterhin paritätisch besetzt. Die 2 Feuerwehrabteilungen wurden 2011 zu einer schlagkräftigen Wehr zusammengelegt , neue gemeinsame Vereine wie der Turnerbund wurden gegründet. Ein neu gebildeter Arbeitskreis mit Mitgliedern aus beiden Ortsteilen kümmert sich seit einigen Jahren um die Historie der Einheitsgemeinde. Bei der Bürgermeisterwahl am 8,Sept. 1974 hatte sich zwischenzeitlich der bisherige Bürgermeister von Kappel Raimund Halter gegen Gregor Kopf den bisherigen Bürgermeister von Grafenhausen durchgesetzt.
Gemeinsame Aufgaben standen an. Eine Mehrzweckhalle fehlte in beiden Orten. Aber wo sollte sie gebaut werden ? Die gefundene Lösung kostete Geld war aber im Sinne der örtlichen Gleichbehandlung..Man baute 1979 zeitgleich in beiden Ortsteilen je eine Halle zu den beiden Schulen Die Gemeinde Kappel hatte einen zuteilungsreifen Bausparvertrag von 500000 DM in die neue Gemeinschaft mitgebracht. Die Gleichbehandlung bewies der Gemeinderat auch dadurch dass - bis heute- die Ratssitzungen abwechselnd im Bürgersaal der beiden Rathäuser stattfinden.
In den 44 Jahren seit dem Gemeindezusammenschluss hat sich viel geändert. Verantwortliche Bürgermeister waren Raimund Halter bis 1998 dann Armin Klausmann und seit März 2008 bis heute Jochen Paleit Die Einwohnerzahl ist in 44 Jahren von 3595 auf aktuell 5107 Personen ( Juli 2018) angestiegen .Davon leben in Kappel 2750 Mitbürger. Neue Baugebiete für Wohnen und neue Gewerbeflächen wurden ausgewiesen. In Kappel ist das aktuelle Neubaugebiet Obergarten III mit 52 Bauplätzen im April 2013 vom Erschließungsträger übergeben worden nachdem Obergarten II abgeschlossen war. Im Gewerbegebiet in Kappel sind noch Plätze zur Ansiedlung vorhanden. Ein neuer gemeinsamer Bauhof erfüllt seit 2001 wichtige Aufgaben für die Bürgerinnen und Bürger. Ein neues Feuerwehrgerätehaus steht seit 2011 zwischen den Ortsteilen. Die Rathäuser wurden mehrfach renoviert und umgebaut um den gestiegenen Anforderungen zu entsprechen. So wurde das Rathaus in Kappel im Jahre 1989 für 750000 DM grundlegend auf den damals neuesten Stand gebracht. Viel Geld wurde in das Bildungswesen investiert Die Gemeinde hat nun die Klassen 5 und 6 einer Gemeinschaftsschule in Grafenhausen zusammen mit Rust wo die weiteren Klassen bis zum Schulabschluss unterrichtet werden. Außerdem gibt es in Kappel wie in Grafenhausen je eine gut funktionierende Grundschule. Für den Vorschulbereich wurden in Kappel und Grafenhausen bestehende Kindergärten ausgebaut und im August 1999 in Kappel der neue Kindergarten Regenbogen eingeweiht .Ein weiterer neuer Kindergarten neben der Grundschule ist in Kappel in der Endphase der Planung.An den Rhein führt nun von Kappel aus ein lange geforderter Rad- und Fußweg zur Sicherheit dieser Verkehrsteilnehmer. Die Neuanlage des Regenrückhalteraums Elzmündung ist in vollem Gange und soll die Rheinanlieger im Norden vor Hochwasser schützen. Nach der Generalsanierung und optischen und funktionnellen Aufwertung der Hauptstraße in Grafenhausen für knapp 5 Millionen Euro soll in den nächsten Jahren die Rathausstraße in Kappel ebenso erneuert und den modernen Verkehrsverhältnissen angepasst werden . In den ersten Jahren nach der Fusion waren Haupt-und Rathausstraße durch den neu entstandenen Europapark vom Durchgangsverkehr überlastet und stundenlang wälzte sich morgens und abends eine Blechlawine durch den Ort. Erst zusätzliche lange umkämpfte Autobahnanschlussstellen sorgten für Abhilfe. Das Kappler Dorffest der Vereine ist im Juli fest im Terminkalender verankert und konnte schon 32 Mal durchgeführt werden. Ein etwas kleineres Jubiläum auf das man auch in Kappel aber sehr stolz sein kann ,sollte im Jahr 2019 ebenfalls gefeiert werden. Am 27.September 1979 ,also vor genau 40 Jahren ,wurde das Taubergießengebiet als Naturschutzgebiet ausgewiesen und damit ein Stück unserer Heimat als besonders wertvoll eingestuft.
Walter Batt Juli 2018